Warum eine eigene Seite für Spielwerke mit Sektionalkämmen, wenn doch die allermeisten nicht aus dem Kaisertum Österreich stammen? Und: Was haben Schweizer Spielwerke überhaupt auf einem Webauftritt über österreichische Spielwerke verloren? 1.) Die allerersten Anfänge der Kunst der Spielwerkmacher, Sektionkämme mit nur einer Zunge pro Sektion und/oder vom Chevron- bzw. Schwalbenschwanztyp oder vom Zigzag-Typ blieben den Schweizer Meistern vorbehalten.
1a.) Über die „Genfer Kolonie“ (ab 1789) gibt es einen eigenen Abschnitt. 1c.) Über die zahlreichen aus der Schweiz kommenden Neuerungen informiert eine eigene Übersichtsseite. 1d.) Im Jahr 1806 dürfte es erstmals zu einer (vermutlich nur kleinen) Produktion von Spielwerken in Wien gekommen sein. Vermutlich handelte es sich um Nachbauten von Schweizer Vorlagen. Wer findet ein solches Werk mit einschlägigen Einritzungen, die Beweiskraft haben? 2.) Wichtig ist auch die Beantwortung der Frage, warum sich der österreichische Weg der Spielwerkemacher jahrzehntelang gut gegen die Schweizer (bzw. in deren Fahrwasser die französische) Konkurrenz behaupten konnte: Die „Wiener“ und „Prager“ konnten die aktuellsten Musikstücke ihrer Länder (Böhmen / heutige neun Bundesländer Österreichs, Ungarn) liefern. Die Schweizer und französischen Hersteller berücksichtigten jedoch auch den französischen und englischen Markt. Und dies zum Glück mancher österr. Komponisten! 3.) Die Schweizer Pierre Jaquet-Droz und sein Sohn Henri-Louis gehören zu den bedeutendsten Automatenherstellern des 18. Jahrhunderts. Leider gibt es kaum einen Österreich-Bezug, ausser dass die beiden zumindest kurzfristig Lehrherren des Wiener Flötenuhrmachers Moritz Steiner waren. Grund genug, um die beiden Jaquet-Droz in aller gebotenen Kürze (und mit einer Abbildung von drei der damals europaweit bekannten „Androiden“) zu würdigen. 4.) Die Schweizer Hersteller waren vom Anfang bis zum Ende der Ära der Kammspielwerke (in unterschiedlichem Ausmaß) präsent. 4a.) und 4b.) Diverse frühe kleinere Spielwerkmacher und vor allem der erste Großhersteller, Ducommun-Girod, konnte ihre Werke nicht nur renommierten Wiener Uhrmachern, sondern auch solchen in den (heutigen) Landeshauptstädten (damals Kronländer) verkaufen. 4c.) Durch den Versandhändler J. H. Heller kam es ab den 1860er Jahren im Kaisertum Österreich bzw. in Österreich-Ungarn zu einem Tsunami an Schweizer Musikkassetten. 4d.) Diverse Schweizer Handlungsniederlassungen finden sich auch in der Chronologie der Wiener Hersteller und Händler. 5.) Ein weiterer Schweizer Großhersteller, Mermod Frères, eröffnete in Wien sogar eine Niederlassung Gustave Mermod, (wenn auch mit wenig Erfolg). Die Mutterfirma widmete sich unter anderem der Pflege und Verbreitung der Musik der beiden österreichische Komponisten Resch und Genée. 6.) Gegen Ende der großen Zeit der Kammspielwerke fertigten die Schweizer Hersteller technisch so ausgereift und im Vergleich so preisgünstig, dass die letzten verbliebenen Hersteller in Prag (Rzebitschek und Maly) und Wien (Edmund Bartl, Kipper) ins Hintertreffen gerieten. Doch beide wurden durch die Neuentwicklungen aus Deutschland. wie das Lochmannsche Symphonion ab 1885 und kurze Zeit später die Polyphone, alle aus Leipzig bzw. aus dessen näherer Umgebung überrollt, und alle drei mussten den Phonographen und Grammophonen weichen. Dieser letzte Phase wird bei den Spielwerken der Firmen Edmund Bartl, Anton Olbrich jun., Rzebitschek und Maly Beachtung geschenkt. 7.) Aus den genannten Gründen findet sich auf dieser Webseite auch ein Abschnitt über Sektionalkammspielwerke, bei denen nicht zwischen denen schweizerischer und österreichischer Provenienz unterschieden wird. 8a.) Eine weitere Berührungsfläche ist der Händler J. H. Heller, der gleich zwei Wiener Druckereien mit der Herstellung der Musiktafeln beschäftigte. Wenn man in diese Materie etwas tiefer eindringt, erweisen sich nähere Kenntnisse über die Musiktafeln bei der Zuschreibung der Spielwerke in manchen Fällen durchaus als hilfreich. Dass dieses Teilgebiet dadurch eingeschränkt wird, dass nur solche Musiktafeln erfasst wurden, die nicht nur die Namen der Komponisten der auf die Walze gestiftelten Musikstücke, sondern auch die Namen der bekanntesten und den Herstellern wichtigsten Komponisten, ist zwar bedauerlich, dennoch erweist sich die Beschäftigung, wie oben erwähnt, als hilfreich. Und dies auch noch deswegen, weil der Vergleich der Präsenz mancher Musikstücke einiger Komponisten auf österreichischen und schweizerischen und französischen Spielwerken zu interessanten Einsichten geführt hat: Einige öst. Komponisten wie z. B. Resch waren auch in der Schweiz, Frankreich und England beliebt, zumindest in einem größeren Ausmaß, als es bisher bekannt war! 8b.) Ein Schweizer Hersteller ließ sogar Musiktafeln zwar nicht für österreichischen, aber immerhin für den Markt in Deutschland (in deutscher Sprache!) drucken und nahm als einziger Marschner als „Hauptkomponisten“ („Säulenheiligen“) auf! 8c.) J. H. Heller ließ auch eine Musiktafel speziell den Markt im Kaisertum Österreich bzw. Öst.-Ung. Monarchie herstellen. 9.) Die Nachfrage nach den „neusten Wiener Walzern“ war in Paris und in London und in den USA groß. Das belegt deren enorme Präsenz auf den schweizerischen und französischen Spielwerken. Auch wenn bei den Brüdern Strauß kein Unterschied zwischen den Vornamen gemacht wurde, und auch, wenn die lokalpatriotische Firma Rzebitschek öfters Kompositionen von Labitzky, eines böhmischen, sehr erfolgreichen Komponisten von „Wiener“ Walzern, darunter gemischt hat. Und noch ein Einwand:
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