Komponisten und Kompositionen auf Kammspielwerken


Wie geht es nach Goldhoorn (1999) und Kowar (2017 und 2019) weiter?

 

Wenn Luuk Goldhoorn sein Buch über „Die Österreichische Spielwerkemanufaktur im 19. Jahrhundert“, Utrecht 1999, als

 

„ersten Schritt zu einer letztendlichen Wiedergeburt dieses österreichischen Kulturgutes“

 

ansah, zumal es

 

über die Entwicklungsgeschichte der einzelnen Unternehmen […] noch viel zu entdecken […] gibt“

 

(Goldhoorn S. 10), gelang Helmut Kowar mit seinem Buch „Spielwerke aus Prag und Wien“ (Wien 2017) ein Volltreffer, dessen ursprünglich nur als Übersetzung ins Englische geplante Ausgabe „Musical Boxes from Prague and Vienna“ (Vienna 2019) sogar zu einer erweiterten zweiten Auflage geriet, ein Buch, das jedem ernsthaften Spielwerkliebhaber unentbehrlich werden wird.

 

Diese Webseite setzt die Entdeckungsreise im Sinne Kowars bzw. Goldhoorns im selben Fahrwasser fort, und zwar in erster Linie als fast täglich aktualisiertes Tagebuch im Internet, also als Blog, der auf die ständig vorgenommenen Erweiterungen hinweist.


Wie sollte der Titel nun richtig lauten:

 

„Spielwerke aus Prag und Wien?“

 

Die Angabe „Prag“ ist aus mehreren Gründen eine unzulässige Vereinfachung. Rzebitschek war, bevor er sich in Prag niederließ, in seiner Frühzeit noch in mehreren Ortschaften in Böhmen unterwegs, siehe dazu die Details, und in Kommotau etablierte sich J. W. Herrmann mit einer eigenen Offizin.

 

Die Angabe „Wien“ wiederum beinhaltet nicht die heute Südtiroler, damals Tiroler Ortschaft Bruneck, wo ein gewisser Schrafl zumindest ein Spielwerk herstellte.

 

Helmut Kowar hat für seine Bücher von 2017 und 2019 durchaus den richtigen Titel gewählt, weil er sowohl auf die ungenarken (und nicht aus Prag stammenden) frühen Spielwerke Rzebitscheks nicht einging, und Schrafl (Bruneck) und auch Herrmann (Kommotau) wegließ. Doch da man diese beiden als zugehörig ansehen muss, ergibt sch die Notwendigkeit eines neuen Titels.


„Spielwerke aus Böhmen und Wien?“

 

Die Angabe „Wien“ beinhaltet nicht den Spielwerkmacher Schrafl aus Bruneck, siehe oben.


„Spielwerke aus Böhmen und Österreich?“

Das Königreich Böhmen war ja in der österreichischen Reichshälfte inbegriffen. Die Länder der österreichischen Reichshälfte nach dem Ausgleich im Jahr 1867 waren Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Kärnten, Krain, Küstenland, Salzburg, Tirol und Vorarlberg, Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien und Lodomerien, Bukowina sowie Dalmatien, das aren die „im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“ bzw. kurz als „Cisleithanien“ zusammengefasst.

 

„Spielwerke aus Cisleithanien“ stimmt nur für die jahre ab 1867.


„Österreichische Spielwerke“ (wie Goldhoorn)

Das Kaisertum Österreich bestand ja nur bis 1867, und wurde in diesem Jahr von der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, kurz Österreich-Ungarn, informell auch k. und k. Doppelmonarchie genannt, abgelöst. Ein Spielwerk mag zwar ab 1867 korrekterweise aus „Österreich-Ungarn“ stammen, aber in Ungarn wurde es ja keinesfalls hergestellt. „Österreichische Spielwerke“ im Sinne des Kaisertums Österreich wiederum müssten spätestens 1867 produziert worden sein.


„Spielwerke aus dem Kaisertum Österreich bzw. aus der österreichischen Reichshälfte von Österreich-Ungarn“

Das mag zwar die einzige richtige Bezeichnung sein, da es vor 1804, dem Gründungsjahr des Kaisertums Österreich, sicher noch keine Spielwerkproduktion in diesem Staat gegeben hat, doch leider ist eine solche Bezeichnung viel zu sperrig.


„Spielwerke aus dem alten Österreich / Altösterreich“

 

Der Begriff „Altösterreich“ ist für Cisleithanien reserviert und ist demnach nur für die Jahre ab 1867 möglich.


Als Titel ergibt sich daher:

 

„Spielwerke aus Prag und Wien

„und anderen böhmischen bzw. österreichischen Ortschaften“

 

Der Titel Helmut Kowars bedarf noch einer Ergänzung. die sich aus der Notwendigkeit ergibt, die böhmischen Ortschaften, in denen Rzebitschek gearbeitet hat, auch Kommotau sowie auch Bruneck und auch noch etwaige niederösterreichische Dörfer wie Großharras, in denen Einsidl noch vor seiner Gewerbeanmeldung in Wien ungemarkte Spielwerke hergestellt haben könnte, miteinzuschließen. Die explizite Nennung des zu Österreich gehörenden Böhmens mag ein Schönheitsfehler sein, der jedoch in ein milderes Licht getaucht wird, wenn beide Länder nicht mit einem „und“ sondern einem „bzw.“ verbunden sind.



Komponisten und Kompositionen auf Kammspielwerken