Rzebitschek 30680-2564 Firmenbezeichnung auf der Grundplatte links oben Die Firmenbezeichnung auf dem Kamm N[iko] W[iegman] 2013
Durch die Baumharzbeschichtung innen und durch die fehlende Abdichtung durch Papier kommen immer wieder kleine Teile der klebrigen Masse des Baumharzes auf die Welle. Dies summiert sich in einigen Jahren zu einem solchen Ausmaß, dass die Walzenverschiebung nicht mehr funktioniert und ein Abspielen auserhalb der Spuren nur gräßliche Misstöne erzeugt. Erst nach einer Reinigung kann das Werk wieder durch die Schönheit seines für Rzebitschek typischen Klanges imponieren. Trotzdem lautete die Katalogbeschreibung bei Breker wie folgt: Seltenes Spieluhren-Verkaufsmuster von F. Rzebitschek, [...] Nr. 3608-2564 [recte: 30680], Gehäusebreite 47 cm, Walzenbreite 31 cm, 6 Melodien (darunter Casta diva), 110 Töne im Stahlkamm (komplett), Baßtöne auf der rechten Seite, oberster letzte Baßzunge mit 2 Spitzen, Bodenplatte und Unterlegscheiben aus Messing, Kamm und Bodenplatte geprägt mit „Rzebitschek in Prag“, Sofortstopphebel, poliertes Nußbaumgehäuse, außenliegende Bedienhebel, Herstellerblatt „F. Rzebitschek, Musikwerk-Fabrikant, Bethlehems-Platz Nro. 251, Prag“, exzellent restaurierter und spielender Zustand, Original-Schlüssel mit Holzgriff, beiliegendes weiteres Herstellerblatt, mit Leder bezogener Transportkoffer (rückseitige Naht gerissen). Eine große und ungewöhnlich feine Rzebitschek-Spieluhr, die gebaut wurde, um zu beeindrucken. Das mit vier geprägten und vergoldeten Medaillen – darunter eine für eine Ausstellung im Jahre 1831 – geschmückte Melodienblatt lobt den vollen Klang, die präzise Anordnung der Bauteile und die Spieldauer der Rzebitschek-Spieldosen. Sonderbestellungen von eigenen Repertoires wurden ebenfalls akzeptiert. – Literatur: Luuk Goldhoorn, „Das Mechanische Musikinstrument“ (Gesellschaft für selbstspielende Musikinstrumente e. V.), 39. Jahrgang, Ausgabe 117 (April 2013).
Die mit „I“ bis „IX“ bezeichneten Kammschrauben 2 bis 10, die auf der Abbildung unterste und allererste hat keinen Markierungsstrich und ist damit die Nummer 1 Unterlegung des Kammes mit zwei Streifen eines dünnen Messingbleches. Ähnliche Messingblechunterlagen erhöhten auch den windfangnahen Walzenkloben. Der Federhausdeckel kann in mehreren Posistion in das Federhaus passen. Trotzdem sollte er nur in dieser Position eingesetzt werden, das heisst: Die Stelle, wo sich am Federhausdeckel der Ölschlitz befindet, ist am Federhaus durch zwei Markierungen (Kerben) markiert. Wenn zwischen diesen beiden eine Senke entstanden ist, so kam diese durch den Einsatz von Werkzeugen zustande, welche beim Öffnen des Federhauses verwendet wurden. Sorgfältig verarbeiteter, mit Zierlinien versehener Finger des Maltereserkreuzes, welcher sich auf der Federaufzugswelle befindet. Sorgfältig verarbeitetes, mit Zierlinien versehenes Sperrrad Im Federhaus der obligate Spielkartenausschnitt am Boden ... ... und am Deckel zur Vermeidung von Störgeräuschen, die sich zwangsläufig ergeben, wenn die Feder in Kontakt mit der ungeschützten Messingwand des Federgehäuses kommt und dadurch zu vibrieren beginnen kann Im Windgangblock findet sich vertikal, hier der besseren Lesbarkeit wegen in die Horizontale, neben dem untereren Kloben für die Schnecke (Endlosschraube, engl. „endless“) gedrehte Stempelabdruck mit einer Umrahmung „A. Seitz“ Der Walzenverschiebe-Bolzen der vom Sternrad in (hier: sechs) unterschiedliche Niveauebenenen geführt wird, ist in den (windfangnahen) Walzendeckel eingeschraubt und damit justierfähig. Und tatsächlich brachte erst die richtige Adjustierung ein perfektes Klangerlebnis. Wäre in diesem Fall der Walzenverschiebe-Bolzen nicht einstellbar gewesen, hätte man durch eine geringfügige Verlagerung der Walzenkloben bzw., vielleicht noch besser, des Kammes, den selben Effekt erzielen können, nur auf eine wesentlich mühsamere Art und Weise. Bisher ist kein zweites Belegexemplar für eine solchen justierbaren Walzenverschiebe-Bolzen bei einem Spielwerk von Rzebitschek bekannt!!!! Ausschnitt aus dem Aufsatz von Luuk Goldhoorn, Ein geheimnisvoller Koffer. In: Das mechanische Musikinstrument Nr. 117 (2013), S. 26-27: Auf der Medaille links oben ist Ferdinand I., 1835 bis 1848 Kaiser von Österreich, dargestellt. Die Rückseite der Medaille wird rechts oben angezeigt. Außen steht in kreisförmiger Anordnung: „Dem Vaterländischen Gewerbefleisse, Ausstellung MDCCCXXXIX“ (1839) und in der Mitte steht quer: „F. Rzebitschek/in Prag/Alle Maschinen-Arbeiten“. Da nur Franz Rzebitschek auf der Medaille benannt ist, obwohl er zusammen mit Alois Willenbacher ausgestellt hat, können wir annehmen, dass beide Spieluhrproduzenten jeweils eine Medaille bekommen haben. Die links unten abgebildete Medaille trägt am Rande den Text: „Wlastcji ceskau privinliwost“ (Das Vaterland ehrt den böhmischen Gewerbsfleiß). Rechts ist die andere Seite abgebildet. Darauf lesen wir: „Gewerbs / Ausstellung im Jahre 1836“. In meinem Buch „Die Österreichische Spielwerkemanufaktur im 19. Jahrhundert“ wird auf S. 32 und 35 ausführlich beschrieben, was Alois Willenbacher und Franz Rzebitschek 1836 in Prag und 1839 in Wien ausgestellt hatten und wofür sie diese Goldmedaillen bekamen. Auffallend auf der Karte ist der Satz: „Auch werden Bestellungen auf Musikwerke mit beliebigen Melodien angenommen“. Diese Möglichkeit wurde auch in der Schweiz u.a. von Nicole frères angeboten. Und was hatte der Vertreter in diesem Koffer mitgenommen, um seine Waren an den Mann zu bringen? Selbstverständlich nicht eine einfache Spieldose, sondern ein Spitzenprodukt. Damit konnte er die hervorragende Qualität von Rzebitschek´s Spielwerken deutlich hören lassen. Wir sind heute glücklich, dass dieses sechs-Melodien-Werk mit der Seriennummer 30680 und der Gammanummer 2564 noch vorhanden ist. Alle Melodien sind aus italienischen Opern, u.a. Casta Diva aus Norma von Vincenzo Bellini. Die Seriennummer deutet auf ein Herstellungsjahr um 1855 hin. Sechs-Melodien-Werke aus der Produktion der Rzebitschek-Familie sind selten. Insgesamt sind nur sieben Exemplare bekannt, davon eins von Willenbacher und Rzebitschek und drei von Franz Rzebitschek. Die anderen drei sind von Gustav. Wenn man die üblichen österreichischen zwei- und drei-Melodien-Werke mit schweizer Werken vergleicht, fällt – neben der unterschiedlichen Anordnung der Zähne auf dem Stimmkamm – die Mechanik der Start/Stopp-Einrichtung auf. Bei österreichischen Werken wird der Start/Stopp-Hebel in Spielposition gehalten und erst am Ende der Melodie in die Stopp-Position gebracht. Schweizerische Werke brauchen eine kurze Anlaufzeit, bevor man den Start/Stopp-Hebel zurückstellt. Auch der Melodien-Wechsler ist anders konstruiert als in den schweizer Werken. Aber dieses sechs-Melodien-Werk (und auch die anderen, welche ich gesehen habe), gleicht in seinem Aussehen – außer dem Kamm mit den Basszähnen an der rechten Seite – einer Spieldose schweizer Bauweise. Sogar ein – in österreichischen Werken unüblicher – Sofort-Stopp-Hebel ist vorhanden. […] Die Geschichte dieser Dose ist leider nicht bekannt, da sie aber in Kanada aufgetaucht ist, darf vermutet werden, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg von einem kanadischen Militärangehörigen als Souvenir gekauft und mitgenommen wurde. Nach vielen Jahren wurde sie von einem Händler in einer Nachlassversteigerung gekauft. Er suchte einen neuen Besitzer, und so kam die Dose zurück nach Europa und steht nun bei mir. (Luuk Goldhoorn: Ein geheimnisvoller Koffer. In: Das mechanische Musikinstrument Nr. 117 (2013), S. 26-27) Fotos: ©Auction Team Breker, H.-J. Eisel und Otmar Seemann
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